Wie ein Label die Region vernetzt

Beantragen können das Label regio.garantie nicht nur Lebensmittelfirmen, sondern auch Gastrobetriebe. Die Vergabe des Labels ist kantonal geregelt. In Graubünden etwa ist der Verein «alpinavera» zuständig für die Zertifizierung und das Label heisst offiziell «graubündenVIVA / regio.garantie».
Wegweisend im Bereich der Gastronomie
Das Restaurant s’nani in Laax war das erste in der Schweiz überhaupt, das sich zertifizieren liess. Und dabei hat man gemerkt, dass der Prozess viel mehr ausgelöst hat als erwartet. «Die regionale Einschränkung hat das Team inspiriert, Dinge neu zu denken und kreativ anzugehen», sagt Orlando Steiner von der Quant AG, die als Betreiberfirma des Restaurants für den Zertifizierungsprozess verantwortlich ist.
Anfangs sei es schon ein Wagnis gewesen. «Am schwierigsten war der erste Schritt, sich da überhaupt reinzudenken», sagt Steiner. Denn: Es schränkt ein, wenn man sich zertifizieren lässt. «Vor allem die Lebensmittel-Beschaffung ist komplizierter», sagt Steiner. «Wir können, wenn uns etwas fehlt, nicht einfach im nächsten Grosshandel etwas kaufen.» In einem mit dem Label «graubündenVIVA / regio.garantie»-zertifizierten Gastrobetrieb müssen mindestens 60 Prozent der Rohstoffe aus dem Bündnerland stammen.
Konsequent und präzise sind auch die Anforderungen in Bezug auf eine Zertifizierung.
Bei verarbeiteten Produkten gilt: Mindestens 80 Prozent der Zutaten und zwei Drittel der Wertschöpfung müssen kantonal sein. «Das Label stellt sicher, dass, wo Graubünden drauf steht, auch Graubünden drin ist», sagt Bablina Caprez, Co-Geschäftsführerin der Firma Vivonda, die in ihren Genussmärkten in Jenaz und Maienfeld ausschliesslich Bündner Produkte verkauft. «Mindestens 80 Prozent davon, das ist unsere Maxime, müssen zertifiziert sein», ergänzt sie.
Der Weg zu mehr Regionalität ist ein Prozess, der nicht von heute auf morgen passiert.
Nur Produkte, die sich gar nicht zertifizieren lassen, werden ohne das Label regio.garantie ins Vivonda-Sortiment aufgenommen. Als Beispiel nennt Caprez etwa Bücher. Oder einen Gin, der aus reinem Alkohol, den es gar nicht aus dem Bündnerland gibt, hergestellt wird. Wenn es aber grundsätzlich Rohstoffe aus der Region gebe, so schaue man Rezepturen an und versuche Wege hin zu mehr Regionalität zu finden, erzählt Caprez.
Im «s’nani» kennt man ähnliche Diskussionen. Etwa die rund um die Pommes Frites – in einem Skigebiet quasi ein Must-have für die Menukarte. Es wurde diskutiert, ob man darauf verzichten will, weil es im Grosshandel keine zertifizierten Bündner Pommes gibt. «Mittlerweile machen wir sie einfach selber, aus Bündner Kartoffeln», so Steiner. «Aufgrund der Neuausrichtung des Angebots brauchen wir aber interessanterweise kaum mehr Pommes», weiss Steiner.
Ein lohnenswerter Aufwand?
Heute ist man im «s’nani» bei fast 100 Prozent Bündner Produkten. Gemüse wird für den Winter eingemacht. Auf Zucker verzichtet man fast ganz, nutzt beispielsweise Honig. Der administrative Aufwand für das Label hält sich gemäss Steiner in Grenzen, «und im Verhältnis zu dem, was wir gewonnen haben, ist er verschwindend klein.»
Natürlich scheuen Produzentinnen und Produzenten teilweise schon den Aufwand. Bei Vivonda kennt man das. «Wir unterstützen da aber auch und helfen, etwa bei der Beschaffung von Dokumentationen», sagt Bablina Caprez. Und: Sie sieht das Label als Chance für die Vernetzung in der Region.
Im «s’nani», das im Hotel Peaks Place in Laax beheimatet ist, hat sich die Zertifizierung offenbar gelohnt. Orlando Steiner: «Während früher vor allem Hotelgäste ins Restaurant kamen, sind es heute oft auch Einheimische oder einfach Gäste aus der Region. Es hat sich herumgesprochen, dass wir ein spezielles Angebot haben.»

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