Die Biere aus Tschlin sind in aller Munde

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Wie bringt man ein kleines Unterengadiner Dorf wie Tschlin, eine der elf Fraktionen der Gemeinde Valsot, vorwärts? Was tun, damit die paar hundert Einwohner nicht noch weniger werden? Tschlin lud kurzerhand zu einem Zukunftsworkshop, um Ideen zu sammeln. Und siehe da: Eine verrückte Schnapsidee führte 2004 zu einer tollkühnen Bieridee. Heute sind die Bio-Biere aus Tschlin in aller Munde.

Tschlin wollte eine Brauerei, eine kleine, feine innovative Bio-Brauerei, eine in der möglichst alle Rohstoffe wie Braugerste aus dem Gran Alpin Anbau, Weizen und Hopfen aus biologischer Produktion und möglichst aus der Region stammen. Die tollkühne Idee kam gut an, 800 Einheimische und Gäste zeichneten spontan Aktien. Die Reise der Bieraria Engiadinaisa konnte beginnen. Das war 2004. Seither ist viel Wasser den Inn hinab gelaufen und viel Gerstensaft in die Bierflaschen abgefüllt worden.

1200 Hektoliter unfiltriertes Bio-Bier braut heute Andreas Merk, der junge Braumeister. Das ist doppelt so viel wie beim Start. «Aus Platzgründen mussten wir unsere Brauerei deshalb nach Martina, in den Nachbarort verlegen», sagt Reto Rauch, im Mandat Teilzeitgeschäftsführer der Bieraria Engiadinaisa. Als er seine neue Aufgabe übernommen hatte, wurden viele Hoffnungen in ihn gesetzt, denn die Bieraria ist mit der Zeit ins Schlingern geraten.

«Bier ist Heimat», hat Rauch alsbald einmal festgestellt. Er sitzt am Tisch, öffnet ein erstmals im Sommer 2016 aus Bergquellwasser, Gerstenmalz von Gran Alpin, Weizenmalz, Hopfen, Hefe, Koriander und Orangenschalen gebrautes «Valsot STA», schenkt ein, trinkt, wischt sich ein bisschen Schaum von den Lippen und lächelt. «Fast alle unsere Gäste trinken unser Tschliner Bier und nehmen es auch mit nach Hause», freut sich Rauch. «Heute findet man unsere Biere in vielen Lebensmittelgeschäften und Restaurants der Region, aber genauso in ausgesuchten Bio- und Spezialitätenläden in der ganzen Schweiz, und natürlich in vielen Berghütten». Die Bierkultur, mittlerweile von unzähligen Micro-, Klein und mittleren Brauereien gepflegt, trägt dazu bei, dass dort gebrautes Nischenbier zunehmend neue Liebhaber findet. Viele lieben das helle BE Biera Engiadinaisa, andere mögen aber auch das amberfarbene «Tschlin Ambra», das Pale Ale, das spezielle «Valsot SA» und dann die Spezialbiere wie «Boc Dubel da Tschlin», die nur zu besonderen Anlässen gebraut werden. «Wir brauen jedoch auf Wunsch auch spezielles Bier für Auftraggeber.»

Neue Biere zu kreieren ist aufwändig, die Testphasen dauern lange. Und dann werden die Biertests in Tschlin respektive in der neuen Brauerei in Martina erst noch auf den frühen Morgen angesetzt, «weil wir später ja das Bier abfüllen. Bevor wir testen, brauchen wir darum zumindest ein besonders grosses Frühstück…». Am alten wie am neuen Brauereistandort in Martina setzt Andreas Merk, der Bierbrauer, jeden Tag einen Sud an. Das sind rund 800 Liter. Sind die Sommer heiss, gibt es auch einmal zwei Sude, was bedeutet, dass der Braumeister von morgens früh bis spät nachts die Brauvorgänge überwachen muss. 

«Wir stellen hohe Ansprüche an unsere Bio-Biere», sagt Reto Rauch und gibt gleich ein paar Tipps, wozu man das Tschliner Bier trinken kann: «Zu einer feinen Engadiner Wurst, zu hiesigem Käse, zu Pizzochels, Capuns, Plain in Pigna, Bündner Gerstensuppe oder natürlich auch zu Spaghetti. Bier», weiss Reto, «passt genauso wie Wein zu allen Gerichten… am besten aber passt unser Tschliner Bier zu unseren Tschliner Produkten, die wir unter der Dachmarke «BUN TSCHLIN» anbieten. Weil man im Unterengadin ohnehin die Traditionen noch hoch hält, fügt sich das Bier aus Tschlin gut in diese Wertehaltung ein. «Auf jeden Fall halte auch ich gerne die Biertradition hoch…», versichert Rauch. Er ist nicht immer ganz der Diplomatische und Angepasste, sagt in der Regel was er denkt und wann er mit einem Projekt oder einem Produkt zufrieden oder nicht zufrieden ist. Was ist denn mit dem Tschliner Bier? «Am Tschliner Bier gibt es nichts auszusetzen. Ich bin höchst zufrieden».