Fuatscha grassa

Fuatscha grassa bedeutet auf Deutsch fetter Fladen. Er ist rund mit einem Durchmesser von zehn bis zwanzig Zentimetern und wird mit süsslichem Mürbeteig aus Weissmehl, Eiern, Zucker, viel Butter und einer Prise Salz gebacken. Nach dem Backen bestreut man den heissen Fladen mit Zucker, der so besser kleben bleibt.

Charakteristika

Nach dem Backen bestreut man den heissen Fladen mit Zucker, der so besser kleben bleibt. Manche Produzenten geben geriebene Zitronenschale in den Teig. Früher wurde die Fuatscha grassa auch mit Roggenmehl hergestellt, weil der Gebirgskanton Graubünden kein Weizenanbaugebiet ist und das feine Getreide vor allem aus Italien importiert werden musste. Da neben Weizen auch Zucker lange Zeit teuer war, war die Fuatscha grassa ein Festtagsgebäck. Fuatscha grassa (und Grassins) gehören seit 2009 zum kulinarischen Erbe der Schweiz.

Kultur und Geschichte

Bis «Ein schön Kochbuch 1559» auftauchte, galten drei Rezepte aus dem Buch «Koch-Rezepte bündnerischer Frauen» von 1905 als die bislang ältesten. Nun kann man im Kochbuch 1559, das 515 Rezepte aus der bischöflichen Küche in Chur enthält, nachlesen, «Wie man fugascha Machen soll». Im Glossar wird «Fugascha» als «Focaccia» sowie mit den rätoromanischen Begriffen «fugascha, fuatscha» bezeichnet. Die Zutaten sind Mehl, Butter, Eier «ein wenig Zucker Und ein wenig winberli» (Weinbeeren). Das Mehl wird nicht definiert, aber es ist anzunehmen, dass die Küche des Bischofs mit reichlich Weizenmehl gesegnet war. Interessant ist auch, wie die «fugascha» gebacken wurde: «Mach die fugaschen in einer martzapan pfannen, decksi woll, das si woll gang, noch 2 stund, dan thun si in ein heissen offen, wan das brod auss ist, es mag woll warm liden» (Teig in Marzipanpfanne geben und gehen lassen, in den Ofen schieben, nachdem das Brot herausgezogen wurde).

Im Vergleich mit der Nusstorte wirkt die Fuatscha grassa etwas derb-mastig, dennoch wird angenommen, dass sie den Bündner Zuckerbäckern als Basis für die Nusstorte gedient haben könnte.

Vorkommen und Verbreitung

  • Engadin und Südtäler

Im 20. Jahrhundert war die Fuatscha grassa offenbar speziell im Unterengadin verbreitet, wie man aufgrund eines Rezepts aus dem Buch «Koch-Rezepte bündnerischer Frauen» von 1905 annimmt: Von drei Rezepten (mit der Mengenangabe von nahezu 1:1 Butter-Mehl) hat eines die Unterzeile «Unterengadin», was in einem Vers sogar noch unterstrichen wird: L’Engiadina bassa, Patria da l’uors, e d’la fuatascha grassa» (Unterengadin, Heimat von Bär und Fuatscha grassa).

Heute wohl immer noch vorwiegend im Engadin, aber auch anderswo im Kanton.

Im Rezeptbüchlein «Kochen/Backen nach Rezepten aus dem Bergell» von 1998 gibt es eine Focaccia, die als Hefe-Biskuitkuchen mit Zitronenschale und Sultaninen gebacken wird.

Verwendung

Der Konsum an Festtagen ist immer noch markant, auch wenn das Gebäck mittlerweile das ganze Jahr über erhältlich ist. Die Zutaten sind heute nicht mehr teuer und immer erhältlich.

Fuatscha grassa ist so reich an Kalorien, dass man nichts weiteres mehr dazu braucht – gewiss aber etwas zu trinken. Als Wanderproviant ist sie eher zu brüchig, was in anderer Hinsicht von Vorteil ist: Die brüchige Fuatscha grassa wird auch als Objekt der Prophetie geschätzt, wie eine Produzentin dem Verein kulinarisches Erbe der Schweiz erklärt hat. Demnach drücke man am Neujahrstag mit dem Finger in die Mitte des Gebäcks und interpretiere anhand der Grösse der Bruchstücke den Grad des zu erwartenden Glücks.