Gion Candinas – der Schnapsbrenner aus Surrein

schnaps
«Schnaps» ist für Gion Candinas aus dem Dörfchen Surrein, in dem fast alle der rund 200 Einwohner romanisch sprechen, noch lange nicht sein letztes Wort. Aber es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass es eines der ersten Wörter war, die er gelernt hat. Denn schliesslich haben schon sein Vater und sein Grossvater auf dem Hof Schnaps gebrannt.

Der nach alten und neuen Rezepten produzierte Schnaps aus Surrein ist ein feines, genussvolles Lebenswasser, in dem sich Düfte und Aromen einheimischer Früchte und Kräuter vereinen. Gion, der gelernte Landwirt, brennt als Lohnbrenner Schnaps. «Besonders stolz sind wir auf unsere Schnäpse mit den selbst gesammelten Alpenkräutern aus unserer Region», sagt Gion Candinas. Basis für die eigenen Schnapsprodukte sind natürliche Rohstoffe aus der Region. Er weiss gerne genau, von welchem Baum Apfel, Birne oder Pflaume stammen. Und reif müssen die Früchte sein. «Wir brauchen viel Saft, denn dieser gibt dem Schnaps das Aroma. Zucker darf man nicht dazugeben.»

Die Maische (Gemisch aus stärkehaltigen Rohstoffen) belässt er drei Wochen lang im Fass. Erst dann wird gebrannt: Destillat aus Trauben, Äpfeln, Birnen, Pflaumen, Wildfrüchte auch. Und natürlich den «Surreiner» - einer geheimen Kräutermischung vom Chef persönlich. Seine glänzenden Kupferöfen – im grossen Ofen finden 180 kg Früchte Platz – heizt er wie früher mit Holz an. Das ist nicht ganz unproblematisch, denn das Endprodukt Schnaps hängt eben auch noch von der richtigen Temperatur ab. Ist erst einmal alles verdampft und kondensiert kommt Gions geschulte Nase zum Einsatz. Der zuerst heraus tröpfelnde Vorlauf des Schnaps ist nicht verwendbar. «Man muss aber sehr aufpassen, dass man den Beginn des Mittellaufs nicht verpasst. Denn das Beste kommt gleich nach dem Vorlauf.»

Kleinste Fehler können den Schnaps bereits ungeniessbar machen. Manchmal ist er noch zu retten, öfter nicht. Seine Frau Anna Maria hat ebenfalls eigene Rezepturen für den Vielle Prune (Zwetschgen) und den Dörrbirnenschnaps beigesteuert. «Die sind aber ganz geheim», lächelt Gion, der seine eigenen Rezepturen aber auch nicht preisgibt. Im Herbst macht sich Gion mit dem Pickel auf in die Berge. Es ist die Zeit, in der er an bestimmten Plätzen die Enzianwurzeln ausgraben kann. Zuhause reinigt er sie, schält sie  - aber nicht wie ein Ruebli. Die Wurzeln kommen mit Wasser und Gärhefe ins Eichenfass. Ist die Zeit reif, brennt er den Schnaps. Schnaps brennt er ebenfalls aus den orangefarbenen Vogelbeeren. Er wartet den zweiten und vielleicht dritten Frost ab, bevor er sie abliest. «Aber wenn du zu lange wartest, fressen dir die Vögel die Beeren vor der Nase weg…».

Gion ist zum Gin gekommen wie die Jungfrau zum Kind. Zwei Feriengäste aus Brigels besuchten ihn eines Tages, fragten, ob er als Lohnbrenner für sie Gin brennen würde. Er war einverstanden. Weil er es besonders gut machen wollte, dauerte es über ein Jahr lang, bis die richtige Mischung gefunden war. Im mittlerweile bekannten Gin namens «Breil pur», stecken Wacholder, Alpenrosen, Schokominze und verschiedene regionale Kräuter. «Ein toller Wurf ist uns da gelungen», freut sich Gion. Das Schnapsbrennen hat Gion vom Vater gelernt. «Aber am meisten lernt man, wenn man selber brennt. Kein Brenner sagt dir genau, wie er brennt. Das musst du selbst herausfinden und deine Nase über Jahre hinweg schulen». Das hat er und brennt heute Schnäpse, die reissenden Absatz finden.