Produkt Kulinarische Schätze
Conterser Kirsche

Die Kirsche hinter dem Röteli
Klein, säuerlich, widerstandsfähig – mit diesen Eigenschaften passte die Conterser Kirsche perfekt in den bäuerlichen Alltag der Bündner Bergregionen. Im Gegensatz zu modernen Tafelkirschsorten war sie nicht für den Frischverkauf bestimmt, sondern für die Verarbeitung gedacht: zum Dörren, Einmachen und für die Brennerei. Im Prättigau wurden gedörrte Kirschen traditionell für den Wintervorrat eingelagert oder für die Herstellung von Röteli verwendet. Die tiefrote, saftige Frucht mit ihrem typischen Bittermandelaroma prägte den Geschmack dieses Kirschlikörs über Jahrzehnte. Dabei war ihre geringe Grösse kein Nachteil, sondern ein Qualitätsmerkmal – denn für Röteli wurden die Kirschen mit Stein eingelegt, und gerade dieser trägt wesentlich zum Aroma bei.
Begehrte Handelsware
Im Prättigau war die Sorte weit verbreitet. In Jahren mit guten Ernten dienten Dörrkirschen auch als Tauschware, etwa gegen Getreide aus dem Schwabenland oder Reis aus dem Engadin. Die Conterser Kirsche galt als qualitativ hochwertig und wurde über die Region hinaus geschätzt, sowohl als Basis für haltbare Produkte wie Dörrobst als auch als Rohstoff für die Spirituosenherstellung. Überlieferungen zufolge fand sie ihren Weg bis nach Zug, wo sie als Veredelung für den Zuger Kirsch diente.
Alte Sorte, neue Wertschätzung
Mit dem Wandel der Landwirtschaft geriet die Conterser Kirsche zunehmend in Vergessenheit. Ihre kleinen Früchte und die aufwändige Pflege grosser Hochstammbäume passten nicht mehr zur modernen Landwirtschaft. Heute erlebt sie als robuste Sorte mit klarem regionalem Bezug eine neue Wertschätzung. Sie steht exemplarisch für die zahlreichen, beinahe vergessenen Obstsorten Graubündens, die heute neu entdeckt und gezielt erhalten werden.