Vom «Floh», der die Sennerei Andeer zu einem «hotspot» machte

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Wen das «Alpfieber» infiziert, kann nicht mehr anders. Martin (Floh) Bienerth verbrachte 20 Sommer auf Bündner Alpen: Kühe und Ziegen hüten, melken, misten, käsen, nachdenken. 2001 wurde er sesshaft. Seither führt der Floh mit seiner Maria die Sennerei in Andeer.

Das Rund des Lebens, das er auf der Alp erfahren hatte, packt er heute in seine Käseprodukte: in den Andeerer Traum, den Andeerer Schmuggler, den Andeerer Granit, in den Arvenkäse und alle anderen nach Alp, Gras, Blumen und Kräutern duftenden Käse.

Als Floh Bienerth nach seiner Ausbildung als Landwirt, seinem Landwirtschaftsstudium, vielen Forstarbeitseinsätzen und dem Job als EU-Biokontrolleur in Deutschland dann als junger Älpler in die Bündner Berge kam, wusste er: Da bleibe ich. Während den 20 Sommern auf den Alpen lernte er viel über die Kühe und Geissen und wie man Milch zu Quark, Jogurt und Käse verarbeitet. Er lernte ebenso viel über den Rhythmus der Kühe und über das Wetter. Er lernte, nicht davonzulaufen, durchzuhalten, die eigenen Grenzen zu überschreiten. «Wenn du Sommer für Sommer dort oben bist, relativiert sich sehr vieles, was unten im Tal geschieht. Und irgendwann spürst du das Rund des Lebens, den natürlichen Kreislauf: Die Kühe fressen das Gras, du melkst die Kühe, verarbeitest deren Milch, isst Jogurt, Quark und Käse. Du lernst das Wichtige im Leben: Erhalten statt wachsen oder eben: Wachsen oder Weichen. Wenn du dich für das Erhalten entscheidest, bleibt das System wie es ist, es verändert sich oder es wird sogar besser. Wachsen bedeutet aber immer auch sterben, mal früher, mal später. Wachsen ohne sterben ist nicht denkbar.»

Einfach rumsitzen, nichts tun, warten, nein, das ist nicht der Anspruch von Floh. «Wir brauchen Macher», sagt er. «Wir brauchen keine Schwätzer und keine belanglosen Schreiber. Wichtig sind Menschen, die gerne arbeiten, die Lust haben, mit ihrer Arbeit einen Mehrwert zu erzeugen. Denn zu viele Arbeiten ohne echten Mehrwert sind schädlich für unsere Gesellschaft».

Die Milch der 5 Bauernfamilien verarbeiten Maria, die Angestellte Julia und die Lehrtochter Anita zu Rahm, Butter, Jogurt, Quark und Ziger. 25 Käsesortenstellen sie her und verkaufen alles im Laden der Sennerei, in Hotels im Dorf, in der Region oder in Käseläden schweizweit. Wenn da bloss die Zeit nicht wäre, würde Floh viel öfter neue Käsespezialitäten kreieren. Mit seinem «Andeerer Traum» hat er 2010 an der Weltmeisterschaft in Wisconsin USA Gold gewonnen. Warum denn das? Hinterfragt er wie anderes auch diesen Erfolg. «Vielleicht ist unser Käse einfach nur anders, jedes Stück ist ein Stück Natur. Wir leben auf über 1000 Meter, machen keine Massenproduktion, die Bauern kennen jede Kuh mit Namen, melken sorgfältig und haben sehr kurze Wege mit ihrer Mich zur Sennerei. Das alles steckt in unserem Andeerer Käse. Die Bauern aus Andeer liefern der Sennerei jährlich an die 400`000 Liter Milch. 100`000 Liter werden zu Frischprodukten verarbeitet, den Rest zu Käse. 

Zu den 25 Sorten kommen immer einmal wieder neue dazu, dann, wenn Floh Zeit hat, eine seiner vielen Ideen umzusetzen. Die Käse bleiben bis zu 18 Monate im Keller. Meistens finden die Andeerer Schmuckstücke aber früher den Weg auf den Tisch der Kunden. Für Spitzenköche wie Andreas Caminada oder Hansjürg Ladurner hütet Floh die Käselaibe speziell im alten 400 jährigen Steinkeller, denn die alten Sorten «Andeerer Granit», «Andeerer Schiefer» und Andeerer «Sinfonie» sind bereits verkauft oder für die nächsten drei Monate vorbestellt.